Anfang März wollen „Action for Palestine Switzerland“ in Zusammenarbeit mit „Teachers4Palestine Switzerland“ als Zeichen feministischer Solidarität mit den Frauen und Kindern von Gaza Drachen basteln und diese bei schönem Wetter steigen lassen. Kinder unter 10 Jahren, so heisst es, seien nur in Begleitung eines Elternteils zugelassen. Auf dem entsprechenden Instagram Post heisst es in der Caption „Kite flying has been a tradition for a long time in Palestine„.
Ja, das stimmt wohl, dass Drachenfliegen dort Tradition ist – recht speziell sogar. Natürlich fliegen Kinder in Gaza Drachen um aus ihrem schrecklichen Alltag etwas Ablenkung und Hoffnung zu bekommen. Kein Kind sollte so aufwachsen müssen, so etwas erleben müssen.

Doch die Tradition des Drachenfliegens, die hat ganz andere Hintergründe, vor allem im Bezug auf jüdisches Leben und Israel. Das ist kein Geheimwissen – ganz im Gegenteil, dies sind ganz einfach geschichtliche Fakten.
Bei Drachenfliegen und Gaza denke ich sofort an Branddrachen –Incendiary kites and Palestinian airborne arson attacks– die vor allem seit 2018 stattfinden, hauptsächlich mit Drachen, aber auch mit Ballons.

Die Technik an sich ist sehr alt und wurde bereits im alten China angewandt. Die erste Welle von Brandanschlägen aus der Luft fand 2018 im Rahmen des „Great March of Return“ statt, und gehören seitdem mit zum Arsenal, es gibt sogar eine „Drachen-Einheit“ in Gaza. Diese sind einfach zu bauen und zu verwenden, und kosten nicht viel, stellen aber ein grosses Problem für die Abwehr, für die Bevölkerung, für die Landwirtschaft und auch für die Umwelt dar. Es handelt sich um nichts anderes als um eine andere Form des Terrorismus. Die Drachenflieger bemalen ihre Drachen in den Farben der palästinensischen Flagge und fügen manchmal auch ein Hakenkreuz hinzu. So sagte ein maskierter Jugendlicher in einem Interview „So Allah will, wird es sich entzünden und Felder und Häuser verbrennen“, sagte er. „Es wird einen Ort erreichen, an dem es eine große Fläche verbrennt“1.
„Wir schicken die Drachen hoch und gehen auf Facebook, um die Feuer auf eurer Seite zu beobachten„, sagt H., der zur „Dracheneinheit“ von Gaza gehört. „Der Drachen ist die beste und wichtigste Waffe, die wir in Gaza haben, er ist besser als alle Raketen und Waffen, die wir haben„, sagte H., einen anderer Jugendlicher2. Diese Einheit besteht aus Kindern, Jugendlichen aus dem gesamten Gaza-Streifen, die in Gruppen aufgeteilt ist und unabhängig von einander agiert.

So wurden allein von Mai bis Juli 2018 durch Branddrachen und -ballons in Israel 678 Brände ausgelöst, bei denen 910 Hektar Wald und 610 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verbrannt wurden. Einige Ballons landeten auch in Wohngebieten. 2019 und 2020 kam es immer wieder zu weiteren Brandanschläge aus der Luft. Es wurde unzählige Weizen- und Gerstenfelder zerstört. Ausserdem wurde davor gewarnt, heruntergefallene Drachen nicht zu berühreren, da diese auch mit Sprengfallen versehen sein könnten.
Die israelischen Gemeinden in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen sind ländliches Ackerland und sind darauf angewiesen, von Landwirtschaft und Tourismus leben zu können. Ausserdem werden dort viele ausländische Arbeiter beschäftigt, und es gibt Projekte mit Austauschstudenten aus verschiedenen Ländern (z.B. Tanzania: unter den Opfern der Hamas, der bestialisch abgeschlachtet wurde, war ein Austauschstudent aus Tanzania der an einem Programm auf einem Kibbuz teilnahm). Auch Beduinen leben mit ihren Herden im Süden. Ganze Naturschutzgebiete wurden zerstört, Tiere, die zu klein oder zu langsam waren, um den Flammen zu entkommen, wurden bei lebendigem Leibe verbrannt, während Tiere, die entkommen konnten, keinen Ort haben, an den sie zurückkehren können. Experten sagen, dass es mindestens ein Jahrzehnt dauern wird, bis die Zerstörung des Ökosystems geheilt ist.

Berichten zufolge sind sowohl größere (Füchse, Stachelschweine, Schakale) als auch kleinere Tiere (Nagetiere, Schlangen, Insekten usw.) in großer Zahl getötet worden. Ausserdem gibt es Bedenken hinsichtlich der schwindenden Pflanzenvielfalt nach den Bränden und des Vordringens invasiver Arten in die sich erholenden Gebiete. Besorgniserregend ist auch die Luftverschmutzung durch die immer wieder massiven Brände.
So ist das Basteln von Drachen in der Tat ein Basteln mit Tradition – aber ist es eine nachahmenswerte Tradition, und vor allem, etwas, das mit Kindern hier geschehen sollte? Denn sicherlich wird zum einen nicht die ganze Geschichte erzählt werden; und zum anderen, wie soll das den Kindern erklärt werden? „Wir basteln Drachen für die Kinder in Gaza, weil Israel sie umbringt?“ – und schon wird Kindern ein einseitiges, auf Geschichtsverdrehung und Antisemitismus basierendes Narrativ eingeimpft. Warum überhaupt müssen kleine Kinder schon dort mit hineingezogen werden?
Was Lehrer in ihrem Privatleben und ihrer Freizeit machen, bleibt ihnen überlassen. Aber Kinder bereits in diese eine Richtung zu beeinflussen, die noch nicht im Stande sind, sich eine eigene Meinung zu bilden (man sieht ja heutzutage dass selbst Erwachsene nicht dazu im Stande sind, geschichtliche Fakten zu begreifen ohne sie zu verdrehen) halte ich für mehr als fragwürdig. Gerade in Zeiten, in denen derbe Judenwitze und Hakenkreuze in Klassenchats an der Tagesordnung sind und sich jüdische Kinder in Schulen nicht mehr wohl und sicher fühlen; der Holocaust nicht mehr unterrichtet wird und es überhaupt an geschichtlicher Bildung fehlt; es allgemein kaum noch safe spaces irgendwo für jüdische Menschen gibt da die pro-palästinensische Bewegung aus purem Hass und Egoismus alles kapert und nicht einmal historische Vorlesungen über Israel an einer Universität stehen lassen kann in ihrem Wahn, tragen nun auch noch Lehrer dieses verzerrte Narrativ in Klassenzimmer und direkt an Kinder.
Sollen sie solidarisch mit Palästina stehen wenn sie wollen, aber Kinder und Klassenräume da heraushalten!
Und: wo ist die Solidarität mit Kfir Bibas, und den anderen Kindern, die unter den Anschlägen gelitten haben? Ist ihr Leiden weniger wert? …
Es gibt auch eine andere Tradition des Drachenfliegens: Für diejenigen, die immer wieder diese Brandanschläge erleben, wäre es sicher ein leichtes, hasserfüllt und wütend zu werden. Doch gerade hier haben sich immer wieder Familien und Freunde versammelt, um blaue und weiße Drachen steigen zu lassen – ihre Botschaft der Hoffnung und des Friedens angesichts der Hassdrachen gegen Israel und jüdische Menschen.

Quellen:
ZYCH JOANNA, The use of weaponized kites and balloons in the Israeli – Palestinian conflict, Security and Defence Quarterly 2019;27(5):71-83
Gaza youth: We send up kites and go watch the fires in Israel
Blazing kites from Gaza set fire to Israeli wheat field
Fire-starting ‘attack kites’ from Gaza
Kites for Hope
Kinder in diesen Konflikt v.a. noch eindeitig mit tein zu ziehen idt überflüssig und verstörrnd. Als wollten die Lehrer für politische Nachkommen mit ihren Idealen sorgen…
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