Vorwort zum Blogbeitrag
Der Nahostkonflikt ist eine der komplexesten und emotionalsten Konfliktlagen unserer Zeit. Dabei bleibt der Schutz der Menschenrechte unerlässlich – für alle Beteiligten. Doch der Umgang mit diesem Konflikt auf internationaler Ebene ist längst nicht nur von Sachlichkeit geprägt, sondern oft von politischen Machtspielen, Einseitigkeiten und Polarisierungen.
Francesca Albanese, seit 2022 UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, steht exemplarisch für diese Dynamik. Ihre immer wiederkehrenden Äußerungen und ihr Auftreten werfen eine Reihe von Fragen auf: Wie neutral kann jemand in einer derart politisierten Rolle wirklich sein? Wo verläuft die Grenze zwischen legitimer Kritik und antisemitischer Delegitimierung? Und welche Verantwortung tragen Organisationen wie Amnesty International, wenn sie solche Personen fördern?
Ein besonders bedrückendes Beispiel für die fehlende Unabhängigkeit und ausgewogene Perspektive in der internationalen Menschenrechtsarbeit ist die Verherrlichung des palästinensischen Gefangenen Walid Daqqah durch Amnesty im März 2024. Während Daqqah einen israelischen Reservisten grausam entführte, folterte und exekutierte, ehrte Amnesty ihn als leidenden Dichter – ohne die Opferseite auch nur zu erwähnen. Solche einseitigen Darstellungen untergraben nicht nur die Glaubwürdigkeit der Organisationen, sondern schüren Misstrauen und verletzen das Empfinden vieler jüdischer Menschen, die auf einen echten, fairen Menschenrechtsschutz hoffen.
Als Jüdin kann ich heute kein Vertrauen mehr in Amnesty, die UNO oder andere internationale NGOs setzen, wenn sie sich nicht eindeutig und umfassend gegen Antisemitismus positionieren und sich ihrer eigenen Voreingenommenheit stellen. Der vorliegende Text analysiert sachlich und ohne Beschönigungen die umstrittene Rolle von Francesca Albanese, ihre Aussagen, die Kritik an ihr und die weitreichenden Folgen für Amnesty, die UNO und die Öffentlichkeit – gerade auch in der Schweiz.
Eine kritische Analyse ihrer Aussagen, ihrer Rolle in der UNO und der Verantwortung von Amnesty International
Die Berufung von Francesca Albanese zur UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den besetzten palästinensischen Gebieten war von Anfang an umstritten. Albanese ist nicht die erste Person in dieser Funktion, die durch Einseitigkeit gegenüber Israel auffällt – aber sie ist die erste, gegen die eine so breite Front demokratischer Staaten wie Frankreich, Deutschland, Kanada und die USA öffentlich Antisemitismus-Vorwürfe erhoben hat. Auch große jüdische Organisationen wie der World Jewish Congress (WJC), die Anti-Defamation League (ADL), das American Jewish Committee (AJC) und UN Watch werfen ihr nicht nur mangelnde Neutralität, sondern die offene Verbreitung antisemitischer Tropen und die Verharmlosung von Terrorismus vor.
Die Vorwürfe im Einzelnen: Antisemitische Stereotype und Holocaust-Vergleiche
Die dokumentierten Aussagen Albaneses reichen von alten Facebook-Posts bis hin zu öffentlichen Reden in ihrer Amtszeit. Besonders schwer wiegen:
- Ihre Behauptung, die USA seien „vom jüdischen Lobbyismus unterworfen“ – ein klassisches antisemitisches Macht-Narrativ.
- Der Vergleich Israels mit Nazi-Deutschland („größtes Konzentrationslager des 21. Jahrhunderts“, „Reinheitsgesetze“).
- Ihre Reaktion auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023, das sie nicht als antisemitische Tat anerkannte, sondern als „Reaktion auf israelische Unterdrückung“ relativierte.
- Ihre Beteiligung an Veranstaltungen Hamas-naher Organisationen, bei denen sie das „Recht auf Widerstand“ betonte – eine Formulierung, die in diesem Kontext als Apologie von Terroranschlägen verstanden werden kann.
- Wiederholte Holocaust-Relativierungen, die den Mord an Millionen Juden zur bloßen historischen Folie für gegenwärtige israelische Politik degradieren.
Diese Aussagen sind nicht bloß pointierte Kritik an israelischer Politik. Sie überschreiten die Schwelle zur antisemitischen Dämonisierung Israels und seiner Unterstützer*innen – wie es die Arbeitsdefinition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) beschreibt. Albanese bedient sich klassischer antisemitischer Motive: Verschwörungen, Geld- und Machtinteressen, Holocaust-Vergleiche.
Die Reaktion der UNO: Strukturelle Blindheit statt Konsequenzen
Besonders besorgniserregend ist, dass die UNO Albanese trotz dieser Vorwürfe im April 2025 ohne Aufarbeitung ihres Verhaltens im Amt bestätigt hat. Eine interne Untersuchung blieb folgenlos, kritische Berichte wurden abgetan, Beschwerden ignoriert. Statt sich von Hassrede und Parteinahme zu distanzieren, schützt der UN-Menschenrechtsrat seine Mandatsträgerin – eine eklatante Missachtung des eigenen Anspruchs an Neutralität, Menschenwürde und Antidiskriminierung.
Dies zeigt ein strukturelles Problem: Das Sonderberichterstatter-Mandat für die „besetzten palästinensischen Gebiete“ ist von vornherein einseitig konstruiert. Es beauftragt seine Inhaber*innen explizit nur mit der Kritik an Israel, nicht mit einer Untersuchung palästinensischer Menschenrechtsverletzungen. Diese strukturelle Schieflage zieht Personen an, die von vornherein nicht neutral auftreten wollen. Francesca Albanese ist nicht die Ausnahme, sondern die radikale Zuspitzung dieses Problems.
Amnesty International: Mitverantwortung durch Einseitigkeit
Amnesty International, das Francesca Albanese bei mehreren Veranstaltungen in der Schweiz eine Bühne geboten hat, macht sich durch diese Einladung mitschuldig an der weiteren Verbreitung solcher Narrative. Amnesty hat in den letzten Jahren selbst durch einseitige Israel-Berichte für massive Kritik gesorgt – etwa durch die pauschale Apartheid-Anklage gegen Israel im Jahr 2022, die keinerlei Differenzierung zwischen Israel und den besetzten Gebieten vornahm.
Wenn Amnesty eine Person wie Albanese – ohne jede ausgewogene Gegenstimme – auf Podien stellt, trägt die Organisation aktiv dazu bei, antisemitische Narrative zu normalisieren. Dies untergräbt Amnesty’s eigene Glaubwürdigkeit als vermeintlich unparteiische Menschenrechtsorganisation. Wer sich unreflektiert auf Albanese beruft, übernimmt nicht nur ihre Menschenrechtskritik, sondern auch ihre antisemitischen Verzerrungen.
Exkurs: Amnesty International – Menschenrechtsschutz zwischen Engagement und einseitiger Israelkritik
Amnesty International (AI) gilt weltweit als eine der führenden Organisationen für Menschenrechte. Seit ihrer Gründung 1961 verfolgt sie das Ziel, Menschenrechtsverletzungen sichtbar zu machen und politisch zu verändern – unabhängig von Herkunft, Religion oder politischen Interessen.
Doch gerade im Kontext des Nahostkonflikts hat Amnesty in den letzten Jahren mehrfach durch stark einseitige und in Teilen polemische Berichte über Israel für Kontroversen gesorgt. 2022 veröffentlichte AI einen Bericht, in dem Israel als „Apartheidstaat“ bezeichnet wurde, was eine heftige Debatte auslöste. Kritiker werfen Amnesty vor, nicht nur unzureichend zwischen israelischer Regierungspolitik und der komplexen Realität in den besetzten Gebieten zu differenzieren, sondern dabei auch den historischen und antisemitischen Kontext auszublenden.
Solche Berichte und Kampagnen können, ohne sorgfältige Abwägung, antisemitische Stereotype und Ressentiments befördern, auch wenn Amnesty dies nicht offen propagiert. Die wiederholte Fokussierung allein auf Israel und die ungleiche Behandlung im Vergleich zu anderen Konfliktregionen verstärkt zudem den Eindruck von Voreingenommenheit.
Ein besonders exemplarisches Beispiel ist Amnesty Internationals Behandlung des palästinensischen Gefangenen Walid Daqqah. Im März 2024 rief Amnesty zu seiner Unterstützung auf und ehrte ihn später als leidenden, kranken palästinensischen Inhaftierten und Dichter. Was jedoch in diesen Verlautbarungen fehlt, ist eine entscheidende Information: Daqqah war inhaftiert, weil er einen jungen israelischen Reservisten an einer Bushaltestelle entführte, diesen tagelang folterte, lebendig kastrierte und schließlich exekutierte. Darüber hinaus schmuggelte er während seiner Haft seinen Samen aus dem Gefängnis, um seine Frau zu schwängern.
Diese einseitige Verklärung von Daqqah als Opfer, ohne jegliche Würdigung der Grausamkeit seiner Taten, zeigt exemplarisch die problematische Haltung, die Amnesty teilweise einnimmt. Eine solche selektive Darstellung gefährdet die Glaubwürdigkeit der Organisation und trägt zur Verzerrung des Konflikts bei, indem Täter zu Märtyrern verklärt werden.
Wenn Amnesty nun Personen wie Francesca Albanese auf Podien lädt, die selbst wegen antisemitischer Äußerungen umstritten sind, wird die eigene Glaubwürdigkeit als unabhängige Menschenrechtsinstanz aufs Spiel gesetzt. Es entsteht die Gefahr, dass legitime Kritik an Israels Politik mit antisemitischen Narrativen verschwimmt und so die Grenzen zwischen Menschenrechtsschutz und politischer Agenda unklar werden.
Dieser Spannungsbogen zeigt, wie sensibel und verantwortungsvoll Menschenrechtsarbeit im Nahostkonflikt sein muss. Sie darf niemals die Achtung vor der jüdischen Geschichte und dem jüdischen Volk verletzen und sollte immer alle Seiten gleichermaßen einbeziehen.
Kritik an Israels Politik – notwendig, aber verantwortungsvoll
Es bleibt festzuhalten: Israels Besatzungspolitik im Westjordanland, der Siedlungsbau, die systematische Benachteiligung der Palästinenser*innen – all das ist menschenrechtlich kritikwürdig. Diese Kritik ist notwendig und legitim. Doch sie darf nicht in antisemitische Klischees, Holocaust-Relativierungen und Terror-Verharmlosung abgleiten.
Wer wie Albanese systematisch jeden Kontext ausblendet, in dem sich Israel verteidigt, und zugleich den Kontext palästinensischer Gewalt als alles erklärenden Rahmen ins Zentrum rückt, macht sich zum Sprachrohr derjenigen, die nicht Frieden, sondern Vernichtung wollen.
Die Verantwortung der Universitäten und Zivilgesellschaft
Die Universität Bern hat folgerichtig eine geplante Veranstaltung mit Albanese abgesagt, da keine ausgewogene Diskussion gewährleistet war. Das ist kein „Einknicken“ vor der Israel-Lobby, sondern ein notwendiger Schutz wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Redlichkeit. Offene Debatten über den Nahostkonflikt sind wichtig – aber sie müssen pluralistisch sein und dürfen antisemitische Narrative nicht unwidersprochen lassen.
Fazit: Albanese ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems
Francesca Albanese tritt auf als Verteidigerin der Menschenrechte, doch ihre Rhetorik verletzt zentrale Menschenrechte selbst: die Gleichwertigkeit jüdischen Lebens, die Erinnerung an den Holocaust, das Recht Israels auf Sicherheit. Sie delegitimiert die jüdische Geschichte, verhöhnt jüdisches Leid und rechtfertigt Gewalt. Ihre Berufung und Bestätigung in der UNO sind ein moralisches Versagen des internationalen Systems.
Wer sich auf Albanese beruft, ohne ihre Einseitigkeit und ihren Antisemitismus zu hinterfragen, macht sich blind für die komplexe Realität des Nahostkonflikts – und schwächt den Kampf für Menschenrechte, statt ihn zu stärken.
Schlussbemerkung
Es ist schmerzhaft zu beobachten, wie Organisationen, denen wir eigentlich den Schutz der Menschenrechte anvertrauen, sich in einem so sensiblen Konflikt derart einseitig positionieren – und dabei die berechtigten Ängste und Erfahrungen jüdischer Menschen scheinbar ausblenden. Die Verherrlichung von Tätern und das Verharmlosen von antisemitischer Gewalt werfen einen langen Schatten auf die Glaubwürdigkeit von Amnesty, der UNO und weiteren internationalen Institutionen.
Für mich als Jüdin ist dieser Vertrauensverlust nicht nur eine abstrakte Kritik, sondern eine persönliche Betroffenheit. Es geht um die Anerkennung des Leids auf allen Seiten – und um den Schutz vor einer Ideologisierung, die echte Menschenrechtsarbeit untergräbt und Hass statt Verständigung fördert.
Ich wünsche mir, dass wir wachsam bleiben, die Verantwortung der Menschenrechtsorganisationen einfordern und eine Debatte führen, die weder legitime Kritik an Israel unterdrückt noch antisemitische Ressentiments verharmlost oder befördert. Nur so kann Vertrauen wachsen – in eine gerechtere und friedlichere Zukunft.
Quellenübersicht
- UN Watch:
Die in Genf ansässige NGO veröffentlichte 2024 einen 60-seitigen Bericht („Wolf in Sheep’s Clothing“), der zahlreiche antisemitische Aussagen Francesca Albaneses dokumentiert sowie mutmaßliche ethische und finanzielle Verfehlungen thematisiert. UN Watch kritisiert die UNO für den mangelnden Willen zur Aufklärung. - Anti-Defamation League (ADL):
Die ADL listet detailliert Albaneses antisemitische Tropen, Holocaust-Verzerrungen und Verharmlosungen des 7. Oktober 2023 auf. Sie verweist auf klare Verstöße gegen den UN-Verhaltenskodex und fordert ihre Absetzung. - World Jewish Congress (WJC):
Der WJC wandte sich an den Präsidenten des UN-Menschenrechtsrates, um Albaneses Mandatsverlängerung zu verhindern. Er warnt vor der Aushöhlung der Glaubwürdigkeit der UNO durch ihre Aussagen und ihr Verhalten. - American Jewish Committee (AJC Europe):
Das AJC kritisierte in einem offenen Brief Albaneses mangelnde Neutralität und ihre Nähe zu extremistischen Gruppen wie Hamas-nahen Organisationen. Es ruft die UNO-Staaten auf, sich gegen ihre Verlängerung auszusprechen. - Jerusalem Post:
Die israelische Tageszeitung berichtet über die Vorwürfe von UN Watch sowie über internationale Reaktionen auf Albaneses Aussagen. Sie fasst die Kontroversen um ihre Äußerungen, ihre Auftritte auf Hamas-nahen Veranstaltungen und mutmaßliche finanzielle Unregelmäßigkeiten zusammen. - Fall Walid Daqqah (eigene Recherche):
Im März 2024 ehrte Amnesty International den palästinensischen Gefangenen Walid Daqqah als Dichter und politischen Gefangenen, ohne zu erwähnen, dass er wegen der grausamen Entführung und Ermordung eines israelischen Reservisten verurteilt wurde.