Der Christopher Street Day war einmal ein Symbol für Freiheit, Solidarität und Schutz aller queeren Menschen. In Basel jedoch wird er 2025 mit einem Plakat beworben, das nicht die Regenbogenflagge, sondern ein rotes Hamas-Dreieck in den Mittelpunkt stellt. Ein Zeichen der Ausgrenzung, der Gewalt – und ein Schlag ins Gesicht für Jüdinnen und Juden, besonders für queere Jüdinnen und Juden. Der CSD Basel zeigt damit, wie Antisemitismus unter der Regenbogenflagge Platz greift – und verspielt das Vertrauen derer, die am meisten auf Solidarität angewiesen sind.

Am 18. Oktober ruft der CSD Basel unter dem Slogan “Queer as in Free Palestine” zur Parade auf. Auf einem der Werbeplakate prangt kein Regenbogen, keine Pride-Ikone, sondern ein großes rotes Dreieck – das Hamas-Dreieck, auf weißem Grund, das als einziges Logo erscheint (das andere zeigt ein rosa Dreieck bzw. ein umgedrehter rosa Winkel, vor welchem ein Krokodilsschädel mit den Worten „Queers bite back“ abgebildet ist). Dieses Symbol ist kein neutrales Design-Element; es steht in direkter Verbindung mit einer Organisation, die Gewalt gegen Jüdinnen und Juden sowie gegen queere Menschen propagiert und ausübt.
Dass dieses Symbol auf einem Pride-Plakat auftaucht, ist eine dramatische Verschiebung der Werte, für die CSDs ursprünglich standen. Der Christopher Street Day geht zurück auf die Stonewall-Aufstände in New York 1969: queere Menschen – viele davon People of Color, Jüdinnen und Juden, Migrant*innen, Transfrauen – wehrten sich erstmals kollektiv gegen Polizeigewalt, Verfolgung und Unsichtbarkeit. Der CSD wurde zum Symbol für Widerstand gegen Diskriminierung und für den Anspruch, dass queere Leben sicher, sichtbar und geschützt sein sollen. Er sollte ein Ort sein, an dem marginalisierte Menschen gemeinsam auftreten, sich gegenseitig stärken und einander Schutzräume bieten.
Dass nun ausgerechnet ein Symbol genutzt wird, das in der Tradition einer Terrororganisation steht – und zudem visuell schmerzhaft an das rote Dreieck erinnert, das im Nationalsozialismus zur Kennzeichnung politischer Häftlinge in Konzentrationslagern verwendet wurde –, ist ein Schlag ins Gesicht für jüdische und queere Menschen zugleich.
CSDs sind traditionell politisch – das ist unstrittig. Sie sind Räume für Sichtbarkeit, Protest und Solidarität marginalisierter Gruppen. Doch politische Positionierung darf nie in die Verharmlosung oder Normalisierung von Antisemitismus und Terrorpropaganda kippen. Die bewusste Nutzung des Hamas-Dreiecks auf einem Pride-Plakat signalisiert: Jüdinnen und Juden sind hier nicht willkommen, ihre Sicherheit ist für die Veranstalter*innen offenbar irrelevant. Ein Symbol, das Gewalt, Verfolgung und Auslöschung markiert, wird unter der Regenbogenflagge als Identitätsmarker präsentiert. Das ist nicht nur ein ästhetisches Statement, sondern ein massives Bedrohungssignal.
Die offizielle Instagram-Seite des CSD Basel verstärkt diesen Eindruck. Unter dem Programm für Reden (speeches) finden sich Beiträge von Gruppen wie „Queers for Palestine“ über Pinkwashing und „solidarity with Palestinian resistance“. Schon die Verwendung von Begriffen wie „resistance“ in diesem Kontext ist höchst problematisch: Häufig werden damit Ikonen des bewaffneten Kampfes, etwa Leila Khaled (PFLP), gefeiert. Dass ein queerer Event militante Symbole solcher Gruppen instrumentalisiert, ist nicht nur historisch ignorant, sondern konkret gefährdend. Hamas und andere militante Organisationen verfolgen und töten queere Menschen systematisch. Wer ihre Symbolik auf Pride-Plakaten präsentiert, ignoriert die Lebensrealität queerer Jüdinnen und Juden, die in Basel und weltweit existiert.
Die Sprache auf Instagram verschärft die Problematik. Aussagen wie “fortlaufender Genozid am palästinensischen Volk” und “Schweizer Mittäterschaft daran” trivialisieren historische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden und reproduzieren antisemitische Stereotype. Zusammen mit dem zentralen Hamas-Symbol entsteht ein klares Muster: Diese Veranstaltung mobilisiert nicht nur politisch, sondern übernimmt antisemitische Narrative und Gewaltikonographie innerhalb einer queeren Community. Damit verrät der CSD Basel sein eigenes historisches Erbe: Statt queere Menschen vor Gewalt zu schützen, übernimmt er die Zeichen und Narrative jener, die Gewalt predigen und ausüben.
Für Jüdinnen und Juden in Basel (und anderswo) – besonders für queere Jüdinnen und Juden – entsteht so ein doppelter Ausschluss: Pride bzw. CSD, ein Event, das Schutz und Solidarität verspricht, wird zum Ort der Bedrohung. Die Regenbogenflagge wird instrumentalisiert, um eine Agenda zu propagieren, die die Sicherheit einer Minderheit massiv infrage stellt. Das ist ein Verrat an den Grundwerten von Pride: Schutz, Sichtbarkeit, Solidarität und Inklusion.
Der Kontrast könnte nicht größer sein: Während Stonewall von der Kraft der Solidarität lebte – dem Bewusstsein, dass niemand frei ist, solange andere verfolgt werden –, produziert der CSD Basel Ausgrenzung. Wer das rote Dreieck im Jahr 2025 als Pride-Symbol verwendet, hat die Geschichte queerer Befreiung entweder nicht verstanden oder bewusst verdreht.
Prides und CSD’s dürfen nicht zum Vehikel antisemitischer Mobilisierung werden. Es ist nicht nur ein Symbolproblem, sondern ein Sicherheitsproblem für Jüdinnen und Juden und ein Werteproblem für die queere Bewegung. Wenn queere Solidarität ernst gemeint ist, beginnt sie damit, Symbole der Gewalt zu verweigern und die Menschen zu schützen, die durch diese Symbole konkret bedroht werden.
Persönlicher Kommentar: Vertrauen verspielt – Pride als Bedrohung
Die queere Szene hat mein Vertrauen verloren – nicht nur in Basel, sondern im Großen und Ganzen. Events, Communities und Räume, die Schutz, Sichtbarkeit und Solidarität versprechen sollten, zeigen offen Symbole und Narrative, die Jüdinnen und Juden bedrohen. Das rote Hamas-Dreieck auf Plakaten oder in Kampagnen ist kein Statement für „Free Palestine“ – es ist ein Symbol von Gewalt und Ausgrenzung.
Als Jüdin fühle ich mich durch solche Veranstaltungen nicht sicher. Dieses Vertrauen in die queere Community, das Schutz und Respekt garantieren sollte, ist zerstört – und es kommt so schnell nicht zurück. Pride sollte für alle marginalisierten Menschen ein sicherer Raum sein. Wenn dies nicht mehr gewährleistet ist, verlieren Pride, Community und Sichtbarkeit ihren Kern.
Der CSD war einmal ein Symbol für Widerstand gegen Gewalt und Diskriminierung. Heute muss ich feststellen: Für mich ist er zu einem Ort geworden, an dem ich nicht willkommen bin. Dieses Vertrauen wiederzugewinnen, wird kaum möglich sein – solange queere Bewegungen Symbole der Verfolgung zu ihren eigenen machen.
Der Artikel ist schlicht irreführend und hetzerisch. Gestern waren auch Jüdinnen und Juden am Basler CSD dabei, die sich ganz klar antizionistisch positionieren. Es ist wirklich höchste Zeit zu verstehen, dass Antizionismus nicht gleich Antisemitismus ist.Das rote Dreieck ist kein „Hamas-Symbol“, wie hier behauptet wird. Es steht für das rote Dreieck der palästinensischen Flagge – ein Symbol des Widerstands gegen Unterdrückung und Kolonialismus.Solche Berichterstattungen, die legitime Kritik an einem Staat mit Hass auf Jüdinnen und Juden gleichsetzen, schaden dem öffentlichen Diskurs und verharmlosen echten Antisemitismus.
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Die globalisierte Intifada (rotes Dreieck) tötet Juden weltweit und schüchtert sie ein. Ergo ist sie antisemitisch.
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Stünde das rote Dreieck für Palästina und nicht für die Hamas, dann müssten die roten Dreieckler für den Waffenstillstand und die Hamasentwaffnung sein, wie das der Autonomiepräsident Mahmud Abbas ist. Mit keinem einzigen Wort wurde am Basler antikapitalistischen CSD der Waffenstillstand begrüsst oder die Hamasentwaffnung gefordert. Statt dessen wurde über Lautsprecher verkündet: «There is no love without Intifada».
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Der CSD vom 18.10.25 hat auf jeden Fall nichts zu tun mit den bisherigen queeren Organisationen in Basel (inkl. baselticktbunt). Ich sehe seit einiger Zeit schon, wie linke Linke Trans-Menschen gekapert haben, um „revolutionären“ Aktivismus vorzugeben.
Es war an der Abschlussveranstaltung nie die Rede von Queers oder Trans in Palästina! Es wurde eine Transgenderperson aus den Philippinen vorgestellt, die irgendeinen revolutionären Kampf, mit einer Untergrundarmee verbunden, kämpfen würde. Es erinnerte mich irgendwie an eine Kuba-Veranstaltung aus der Vergangenheit! 😉
Ich habe viele CSDs in der Schweiz erlebt seit 1974. Damals wurden Rechte eingefordert ohne Fahnen. Anlässlich der AIDS-Krise tauchte dann die Regenbogenfahne auf – für alle Identitäten Sprachen und Nationalitäten!! Drum haben nationale Symbole darauf nichts zu suchen, wie ich meine!
Einzig die südafrikanischen Queers haben die Regenbogenfahne mit der nationalen „gemischt“. Da waren sie aber auch an vorderster Front gegen die Apartheit gewesen und bei der Staatsbildung politisch aktiv dabei.
Peter Thommen_75, Schwulenaktivist Basel
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«Gekapert» ist das richtige Wort.
Gekapert wurden aber nicht nur der Basler CSD 2025, sondern bereits die Prides 2024 in Zürich und Bern sowie 2025 in Rom, Zürich und Bern, wie ich selbst erlebt habe. Und weltweit; natürlich mit Ausnahme von Gaza, Ramalla, Mekka und Teheran … weil es dort keine Prides gab. Frag die Q4P, warum es dort keine Prides gab!
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