N(e)okolonial

Und der weisse Mann zog aus, die Welt zu erobern.
Und er eroberte sie,
unterjochte sie,
raubte sie aus,
vergewaltigte sie,
versklavte sie –
Weil er sich für etwas besseres hielt,
für zivilisierter,
für schöner,
für intelligenter,
für göttliches Recht.
Und so zog er aus und hinterliess in der Geschichte eine Spur
von Versklavung
Vergewaltigung
Genozid
Raub
Apartheid
Zerstörung
von Kulturen und Erde

Raub von Schätzen, Bodenschätzen, Arten und Menschen
Aufgezwungenen Normen
von Schönheit, Gender, Religion und Sprache
selbst bei sich zu Hause
Und nachdem der weisse Mann
ganze Kulturen ausgelöscht hat
in seiner Gier nach Macht und Besitz
und die Überlebenden heute belächelt oder beschimpft,
die Erde verdreckt hat
und dennoch nichts lernt,
Regierungen und Völker schiebt und stürzt
als wäre es ein Spiel,
da fängt der weisse Mensch die nächste Partie an,
sich fragend was er sich jetzt noch nehmen kann?

Nachdem er Land, Schätze und Menschen nahm,
die Geschichte neu schrieb,
was blieb uns?
Unsere Erinnerung,
unsere Geschichten,
unsere Kultur,
unsere Lieder,
unsere Spiritualität-
das, wofür unsere Mütter und Grossmütter gestorben sind
Aber auch dass
muss der weisse Mensch sich aneignen,
nachahmen,
nehmen,
besitzen

Und so kommt der neue kolonial-Schamane
mit Astro-Turf
und Plastik-Schwitzhütten
reisst den weissen Salbei aus
-den Familien seit Generationen sorgsam hüteten
wie kleine ungestüme Kinder auf Süssigkeiten sich stürzen,
verlorene Kinder sind sie
wie Geier auf Aas
doch wir sind nicht tot
Salbei, Palo Santo, Copal, Xocolatl, Pachamama
alles gut durchgemischt,
abgegriffen und umgerührt
in einem neo-kolonialen spirituellen Tour de Monde
wie verlorene Kinder die herumlaufen
und anderen Kindern wegnehmen, was sie haben
ohne dazu Bezug zu haben
und zu verstehen
mit den Worten –
„Warum sollte es für mich Grenzen geben“-
und „Warum sollte ich mich einschränken?“

Gibt es denn nichts in diesem Land
auf dem Kontinent hier,
in der Seele des weissen Menschen,
so dass sie auch noch ihre Hand
nach dem letzten ausstrecken müssen?
Es gibt doch sicher soviel spirituellen Reichtum und Schönheit
die es zu entdecken gilt
wunderbare Dinge aus den Herzen eurer Ahnen-
weinen sie nicht, dass ihr euch nicht darum kümmert
und stattdessen die Ahnen anderer plündert?
Lernen
und miteinander feiern ist eines,
nehmen und davon profitieren ein anderes
Wer gab euch die Erlaubnis?

Reise mit meinem Körper

Mein Körper ist mein Zuhause für dieses Leben. Eigentlich war er von klein auf ein schönes Zuhause, doch habe ich erst jetzt gelernt, mich darin Zuhause zu fühlen. Von klein auf wurde er begutachtet, nach Normen beurteilt, verurteilt, behandelt, meist ungesund begehrt – wenn überhaupt. Als BIPoC wird man leicht entweder abgelehnt oder fetischisiert, und als gendernonconforming/trans ebenso.

Fatshaming, nicht den gängigen weiblichen Normen entsprechend – das hat man mich immer wieder spüren lassen, ob in Familie, Ehe oder Gesellschaft. Als intergeschlechtlicher Mensch wurde ich «normalisiert» um in eine weibliche Rolle zu passen, die doch nicht meine war. Verschiedene Gewalterfahrungen haben dann noch ihr Übriges getan.

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Asegi Geschichten

Vor einiger Zeit hatte ich ja schon einmal über meinen Weg mit mir selbst geschrieben, und meine Mühe damit, das „richtigen“ Label zu finden. Richtig, auf der einen Seite sind Labels nicht wichtig, denn ich bin einfach nur ein Mensch. Labels sind dann vor allem schwierig, wenn sie einen in eine Box einschliessen, oder uns von anderen abschotten. Aber sie können auch hilfreich sein, um sich zu positionieren oder sich anderen gegenüber vorzustellen.

Wie konnte ich mein Anders-sein beschreiben? Anders als andere, die weiblich sozialisiert gross geworden sind, so wie ich auch. Trans maskulin war manchmal passend, und manchmal nicht. Dennoch musste ich mich für etwas entscheiden, um mich vorzustellen was für die anderen, die Öffentlichkeit verständlich ist. Das einzige was stimmte, war (und ist) intergeschlechtlich. Heute ist es mir egal, ob das, was ich bin, verständlich ist. Ich will kein Label, dass nur so in etwa passt.

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Fasnacht

Gott, wenn ich es bedenke
alles was ich hier sehe
diese letzten Tage
stellt sich mir die Frage
ist dir das alles nicht peinlich
mir ist es grad zuviel
frage mich ob Du wegschaust
ich will nur noch abhaun
will es nicht mehr anschaun
ein Trigger
nach allem Erlebten

Wie die sich ereifern
und anfangen zu geifern
wenn man was sagt
Die Herzen verstopft
Perücken auf dem Kopf
Hand-Mund-Trommel-Gejaule
und Gummi Tomahawks
ziehen sie durch Strassen,
uns vermeintlich liebend
Verehrung ausdrückend
und uns mit Knebeln im Mund
in die Ecke werfen

Doch ich halte nicht still
es wird mir zu viel
die letzten Tage
ohne Frage
schon ganze Jahre
ausgerissene Haare
Beschimpfungen und Schläge
und verbotene Gebete
Mein ganzes Leben
bleibt es an mir kleben
und ich schüttel es ab
wie den Dreck
aus Worten
mit dem man uns bewirft

Und ich frage mich,
Schöpfer, Creator,
was hast Du gefühlt
500 Jahre bis heute
unterjocht von der Meute
versklavend mordend
gierig verschleppend
Kulturen verbietend
im Namen der Kirche
sich Sicherheit in wiegend

Kinder werden noch ausgegraben
während andere Kinder
deren Kindheit tragen
wir jubeln und still sein sollen
weil ihr doch alles dürfen wollt,
weil ihr uns liebt sagt ihr Polypen
reduziert uns zum Stereotypen
haltet mich darin gefangen
denn wenn ich etwas sage
mich dagegen zu stellen wage
bringt ihr mich zum Schweigen
wollt mich in die Anstalt einweisen
mir das ich-sein absprechen
euch mein ich-sein zusprechen

So kolonisiert ihr weiter
Fragt warum seid ihr nicht heiter
Reisst das Herz aus meiner Brust
tretet darauf rum
bis Blut fliessen muss
Steckt euch Finger in die Ohren
Und meine Freunde stehen stumm
es dreht sich keiner um
und keiner reicht die Hand
Rassismus ist nicht von Belang
wenn Mensch nicht betroffen ist
Ausser manchen von nah bis fern
Aussergewöhnlich von Berlin bis Bern

Doch ich dreh mich um
und frag nicht mehr warum
Ich träume wieder von Feuer
von Vogel, von Donner,
von Blitz und von Wonne
Und ich laufe rückwärts
gegen eure Konventionen
Ich sammle mein Herz wieder ein
mit Musik fülle ich mein Sein
ich reiche den ancestors die Hand
uns verbindet ein enges Band
euer Rassismus kann das nicht durchtrennen
vor euch werden wir nicht wegrennen

Wir sind stark, wir sind schön
wir stehen auf,
wir werden nicht gehen

Gott, wenn ich es bedenke
alles was ich hier sehe
diese letzten Tage
stellt sich mir die Frage
ist dir das alles nicht peinlich
ich frage mich ob Du wegschaust
oder schaust Du genau hin
Auf der Seite der Unterdrückten
Sammelst Herzen mit ein
Schreibst Musik in Herzen hinein
Trommeln und Tänze
und echte Türkise

Ein Kostüm? Nein, sind wir nicht.

Es hat Tradition. Was eigentlich?

Das Verkleiden als Native, oder der Rassismus? Beides. Beides muss aufhören, dennoch widersteht beides allen Einwänden, allen Erklärungen.

Das sich-verkleiden als Native American hat eine lange Tradition. Spätestens hier sei zu erwähnen, dass eben nicht alle Traditionen gut sind. Und das nicht nur in Europa – von daher, wer meint, dass Natives nur weil sie eventuell Winnetou und Yakari nicht kennen kein Problem mit Weissen non-natives in stereotypen Verkleidungen haben, hat weit -sehr weit- gefehlt.

Auch in den USA haben diese Verkleidungen eine lange Geschichte, und der Protest dagegen dementsprechend auch. Der Protest ist nur in letzter Zeit lauter geworden, weil unterdrückte und marginalisierte Stimmen in den letzten Jahren an Lautstärke und Sichtbarkeit gewinnen konnten. Wer der „guten alten Zeit“ hinterhertrauert weil man auf Minderheiten herumtrampeln konnte und ihre Kulturen ausschlachten wie man wollte ohne deren Stimme dagegen zu hören, der hat schon deutlich auf seine Fahne geschrieben wessen Geistes Kind er ist.

Und doch, es hat Geschichte…

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Doch, ich bin stolz.

„Ich möchte gern, daß man Stolz als eine edle Eigenschaft der Seele ansähe; als ein Bewußtsein wahrer innerer Erhabenheit und Würde; als ein Gefühl der Unfähigkeit, niederträchtig zu handeln.“

Adolph Freiherr Knigge: Über den Umgang mit Menschen

Ich muss zugeben, ich weiss eigentlich gar nichts über Herrn Knigge, und ich bin gerade auch zu faul, um nachlesen zu gehen. Aber irgendwie hat das Zitat gepasst.

Aber es soll ja auch um das Bild dort oben gehen. Ich habe es inzwischen mehrfach auf Facebook gesehen. Jedesmal ist es mir irgendwie sauer aufgestossen. Wer Sebastian 23 ist, weiss ich auch nicht. Ich bitte ihn also gleich vorneweg um Verzeihung. Ich habe einfach so sein Bild und sein Zitat geklaut um hier was zu sagen.

Wie gesagt, einerseits ist da ja was dran, aber andererseits, gleich vom ersten lesen an, ist es mir säuerlich aufgestossen. So einfach und pauschal die Aussage, trifft sie so pauschal auf alle Menschen zu?

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Ich bin es müde

Es sind immer die gleichen die hetzen, die nörgeln, die sich beschweren. Die schimpfen und beschimpfen, sogar noch extra Umwege gehen um ihre (ungefragte) Meinung abzugeben, Artikel lesen und Tiktoks schauen nur um danach zu kommentieren „das interessiert doch keine Sau, was seid ihr so laut?“ -Ja, warum lest ihr es dann? Solange es diese Ungerechtigkeiten noch gibt, werden wir, werde ich nicht aufhöre, wütend zu sein, Sand im Getriebe zu sein. Und es gibt noch viel davon. Es ist ja nicht so, als würde es mir Spass machen. Eigentlich würde ich lieber nur ein Buch nach dem anderen lesen, nen Film schauen, hätte gerne einen Hund und irgendwann mal einen Partner. Lautsein ist kein Spass, und eigentlich hatte ich nicht vor, als Dauernörgler in die Geschichte einzugehen. Aber ob es um Transphobie geht oder um Rassismus, wir sind noch weit davon entfernt, dass es da keine Probleme mehr gäbe. Das haben die letzten Tage ja mal wieder gründlich bewiesen.

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Ancestors

Hoffentlich lächeln sie, wenn sie mich sehen
Hoffentlich lächeln meine Ahnen
Ihre Resilienz ist mein Blut –
ihre Hoffnung, ihre Stärke, ihre Schönheit
Hoffentlich lächeln sie, wenn sie mich sehen
Wenn ich einen Fuss vor den andern setze
Auf dem Weg zurück
der der Weg nach vorne ist

Dekolonisation
Der Körpers
Der Seele
Des Herzens
Des ganzen Seins
Nicht mehr gespalten
sondern ganz
Geheilt

Ich frage mich, wie es wäre,
Wären sie nicht gekommen
Doch De Soto und Balboa sind tot
Wie zerrissen von ihren eigenen Hunden
Doch wir stehen und erstehen
Immer wieder

Stark und schön, weich und hart
Unsere Lieder sterben nicht
Wir schreiben sie neu mit alten Worten
Ich bin das Lachen meiner Ahnen
Denn sie erstehen in mir
Selbst weit enfernt
Von zuhause

No/Fetish

Ich bin vieles

Ich bin Jüdisch
Ich bin Taíno
Ich bin Cherokee
Ich bin Afro-Caribbean

Ich bin trans*
Ich bin Inter*geschlechtlich
Ich bin gay
Ich bin Ich

Aber ich bin kein Fetisch

Sag mir nicht,
Ich wäre geil,
So exotisch
So selten, muss was Besonderes sein

Als Schwarzer bin ich nicht geiler
Und als Native bin ich nicht wilder
-schaue ich etwa in deine Unterwäsche,
und frage, wie gross dein Schwanz ist?

Sag mir nicht,
wolltest doch nur mal ausprobieren
wie das so ist,
aber eigentlich stehst du nur auf echte
Männer/Frauen

-wobei, ein Foto von meinen Genitalien
Hättest Du ja  schon gern